Grußwort Stiftung 20. Juli 1944

Grußwort

anlässlich der Eröffnung der Sonderausstellung zum 80. Jahrestag des 20. Juli 1944

zusammen mit der Open-Air-Ausstellung zu Ehren des Grundgesetzes

durch das Gutshaus der Demokratie

Im Namen des Vorstands der Stiftung 20. Juli 1944 danke ich den Organisatoren des Gutshauses der Demokratie für die Open-Air-Ausstellung zu Ehren des Grundgesetzes und in diesem Zusammenhang für die Sonderausstellung zum 80. Jahrestag des Umsturzversuches gegen Hitler und das NS-Unrechtsregime vom 20. Juli 1944.

Diese Sonderausstellung lässt 80 Männer und Frauen, die den Mut hatten, sich dem NS-Unrechtsregime zu widersetzen, jeweils mit einem Zitat zu Wort kommen. Die Meisten von Ihnen haben für ihren Widerstand mit ihrem Leben bezahlt. Sie kamen aus der Arbeiterschaft, dem Bürgertum, dem Adel. Sie waren Kommunisten und Konservative, Sozialdemokraten und Liberale, Gewerkschafter und Militärs, engagierte Christen und Menschen, die schlicht aus Anstand und ethischer Überzeugung handelten und bereit waren, dafür ihr Leben zu riskieren. Wenn es zwischen ihnen eine verbindende Klammer gab, dann war es der Konsens, die Willkürherrschaft und den Terror der Nazis zu beenden. Nichts drückt das besser aus als die von Ludwig Beck und Carl Friedrich Goerdeler vorbereitete „Regierungserklärung“. Sie gibt die grundlegenden Überzeugungen des Widerstands für ein Deutschland nach dem Sturz des NS-Regimes wider. Sie beginnt mit den Worten: 

„Erste Aufgabe ist die Wiederherstellung der vollkommenen Majestät des Rechts. Die Regierung selbst muss darauf bedacht sein, jede Willkür zu vermeiden, sie muss sich daher einer geordneten Kontrolle durch das Volk unterstellen“.

Auch heißt es dort::

„Zur Sicherung des Rechts und des Anstandes gehört die anständige Behandlung aller Menschen.“

Und schließlich:

„Die Judenverfolgung, die sich in den unmenschlichsten und unbarmherzigsten, tief beschämenden und gar nicht wieder gutzumachenden Formen vollzogen hat, ist sofort eingestellt.“

Hier liegt die Verbindung zu der Open-Air-Ausstellung und dem anderen wichtigen Jubiläum dieses Jahres 2024, nämlich 75 Jahre Grundgesetz. Die Männer und Frauen des Widerstands hatten sehr unterschiedliche und zeitgebundene Vorstellungen davon, welche Staatsform und welche Verfassung Deutschland nach einem erfolgreichen Umsturz haben sollte. Vorkämpfer für die Demokratie des Grundgesetzes waren sie sicher nicht, aber eben für Rechtsstaatlichkeit und gegen Terror und Willkürherrschaft. Der Publizist Ralf Dahrendorf hat dazu Blick auf den 20. Juli 1944 angemerkt, dass Rechtsstaat und Demokratie nicht dasselbe sind. Wer den Rechtsstaat aber habe, finde leichter zur Demokratie. Insofern ist der 20. Juli 1944 ein Teil der deutschen Freiheitsgeschichte, die nach der Katastrophe des 2. Weltkriegs und den furchtbaren Verbrechen des NS-Unrechtsregimes schließlich zum Grundgesetz geführt hat. Glücklicherweise gilt es seit dem Jahr 1990 in ganz Deutschland.

Die Männer und Frauen des Widerstands leisteten Widerstand, um Menschlichkeit, Recht und Freiheit wiederherzustellen. Dafür haben sie die Grenzen ihrer Milieus, ihrer politischen Lager und ihrer Überzeugungen überwunden und es geschafft gemeinsam zu handeln.

Lassen wir uns von ihrem Mut und ihrer Einheit inspirieren: reichen wir uns auch heute über alle trennenden Unterschiede hinweg die Hand und setzen uns gemeinsam für unsere Demokratie ein, denn nur dann wird sie stark bleiben!

Berlin, 7. September 2024

Prof. Dr. Robert v. Steinau-Steinrück

Vorsitzender des Vorstands der Stiftung 20. Juli 1944

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